Märzthema 2021
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Kulturelle Bestattungsformen typologisiert und gedeutet
Es handelt sich bei diesem Text um eine gekürzte Fassung meines Beitrages "Bestattungswünsche älterer Menschen. Zeichen von Erinnerung, Würdigung, Identität – typologisiert und gedeutet" in: Th. Klie, M. Kumlehn, R. Kunz, Th. Schlag (Hg.): Praktische Theologie der Bestattung, Berlin 2015, S. 343-369. Eine ausführliche Darstellung zur Thematik mit historischen Überblicke zu den gewählten Kategorien finden Sie in dem von mir verfassten Band 23 der Kasseler Studien zur Sepulkralkultur.
Zum Kontext
Angesichts des derzeitigen sozio-kulturellen Wandels und des hiermit verbundenen Aufkommens pluraler neuer Konstrukte zur optionalen Orientierung im Leben steht auch der postmortalen Aufführung von Identität auf dem Friedhof ein wachsender Vorrat kulturell bedeutsamer Zeichen zur Verfügung. Viele Erinnerungsorte für Verstorbene haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Dazu gekommen sind allerdings auch wachsende Flächen ohne persönliche Kennzeichnungen der Gräber. Und nicht selten finden bei Bestattungen heute gar keine Feiern statt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass — neben verschiedenen anderen Ursächlichkeiten[1] — auch die gestiegene Lebenserwartung der Menschen in Deutschland diesen Umstand mit bedingt. Nach langjährigem Abschied von Eltern, Groß-und Urgroßeltern, vielleicht auch nach längerer Pflege am Lebensende erscheint die kostspielige Einrichtung einer öffentlichen Gedenkstätte für diese Personen auf dem Friedhof nicht unbedingt als nötig oder sinnvoll, weder für zukünftig Hinterbliebene noch für Hochbetagte selbst. Andererseits leben Menschen gegenwärtig nicht nur durchschnittlich länger, sondern Ältere auch anders als noch vor wenigen Jahrzehnten. Vorstellungen vom Alter als Zeit des Abschiednehmens und auf Auf-den-Tod-Zugehens treten gegenüber Konzepten zurück, welche Aktivität, Selbstverantwortung, Selbstorganisation und Selbsterfindung als Aufgaben des Alters ansehen. Das spricht eher für eine wachsende Aufgeschlossenheit Älterer, sich mit Angelegenheiten befassen zu wollen, die die eigene Person über das Lebensende hinaus betreffen.
Auch in Hinsicht auf die Kommunikation über Tod und Bestattung sind unterschiedliche Dynamiken zu beobachten. Die öffentliche Diskussion zu diesem Thema hat sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts deutlich belebt. Seniorenkreise laden sogar bisweilen Bestatter zu ihren Treffen ein, um einen Überblick über deren aktuelle Angebote zu erhalten. Dennoch sind vertrauliche Gespräche zum eigenen Bestattungswunsch im Familienkreis oder Pflegeheim weiterhin nicht selbstverständlich. Hier scheint ein altes Tabu vielfach noch wirksam zu sein.
Von professionell an Bestattungen Beteiligten — zumal von Pfarrern und Pfarrerinnen — ist nicht allein eine verständliche Inszenierung bisher anerkannter „Bedeutungsgewebe“[2] gefordert, sondern immer auch eine Anpassung derselben an veränderliche Bedingungen, damit sich Anschlussmöglichkeit für das eigene Nachdenken im Trauerprozess ergeben können. Hinreichende Klarheit darüber, welche Signifikate heute mit den vielfältigen, optionalen Bestattungsformen kommuniziert werden, stellt heute keine Selbstverständlichkeit, aus praktisch-theologischer Perspektive jedoch ein anzustrebendes Ziel dar.[3] Als ein Beitrag zur Orientierung in dieser Frage wird im folgenden Abschnitt der Abriss eines semiotisch basierten Entwurfs zur Systematisierung und Typisierung von Bestattungsformen der Gegenwart in Deutschland vorgestellt. Eine zweite Möglichkeit, mehr Klarheit über die Bedeutung von Bestattungsformen zu gewinnen, bietet das vorausschauende seelsorgliche Gespräch mit älteren Menschen. Es bietet nun auch für die Älteren selbst ein Potential, im Vorausblick auf das den eigenen Tod und auf das eigene Grab Wünsche zu entdecken, die das eigene Leben spiegeln und Orientierung für die noch zu gestaltende Zukunft geben. Interviews zum eigenen Bestattungswunsch werden auf dieser Website als Fortsetzung im kommenden Thementext (April 2021) vorgestellt werden.
Bestattungsformen
Folgt man Stefan Lüddemanns Beschreibung der Struktur von Kultur, kann die Bestattung als ein ihr zugehöriges Format bestimmt werden.[4] Wie andere Kulturformate auch zeichnet die Bestattung sich dadurch aus, dass in kompakter Gestalt, einer Komposition gleich, Bedeutung inszeniert, Deutung angestoßen und zur Mitwirkung Anreiz geboten wird. Kompaktheit wie auch das Potential zu größerer Komplexität erhalten Kulturformate durch das Zusammenwirken ihrer Elemente. Diese Formatkomponenten Objekt, Ort, Praxis und Diskurs können bei der Bestattung heute weitgehend unabhängig von einander mit Inhalten gefüllt und gestaltet werden, woraus sich ein erhöhtes Potential für die Abbildung von Identitätskonzepten oder weltanschaulichen Vorstellungen, für die parallele Inszenierung verschiedener, selbst sich widersprechender Bedeutungen oder auch für den Verzicht auf öffentliche Performanz ergibt. Es ist folglich sinnvoll, um zum Entwurf einer Typologie der Bestattungsformen zu gelangen, die genannten Formatelemente als Kategorien zu wählen, diese zunächst einzeln zu untersuchen und erst in einem weiteren Schritt nach komplexeren Bedeutungszusammenhängen durch mögliche Kombinationen zu fragen. Aufgrund des hier gesteckten Rahmens beschränkt sich die folgende Darstellung auf Ergebnisse einer Untersuchung der ersten beiden Kategorien. Zur dritten und vierten Kategorie sei daran erinnert, dass es sich bei Praktiken der Bestattung vornehmlich um Riten handelt. Als sozio-kulturelle Vollzüge „integrieren [sie] nicht nur Individuen in die überindividuellen Formationen der Kultur, sondern machen Kultur auch immer wieder erleb- und lernbar“[5]. Diskurse sind im Bestattungskontext in rituelle Handlungen eingebunden. Darüber hinaus können Diskurse anders als Praktiken durch Verbalisierung Geltung für sich beanspruchen, evaluierende und reflektierende Aspekte in die Performanz einbringen, Kritik üben, explizit Deutungen artikulieren, Umdeutungen vornehmen und in anderen Kontexten weitergeführt werden. Insbesondere um weltliche und kirchliche Bestattung zu vergleichen, bietet sich eine getrennte Betrachtung von Praktiken und Diskursen an, da so stärker herauszuarbeiten ist, wo unterschiedliche oder auch gleiche Codierungen vorliegen und Bedeutungen je implizit und explizit kommuniziert werden.
Die Ergebnisse der Teilabschnitte sind je am Ende in einer Matrix (vgl. Abb. 1-3) zusammengefasst. Der vorgestellte Typologie-Teilentwurf befasst sich mit einem begrenzten Fokus und reduziert Wirklichkeit drastisch, ermöglicht jedoch auf dieser Darstellungsebene eine dimensionierende Zuordnung von Bestattungsformen zu Typen in Verbindung mit kulturellen Codes.[6]
Die „Objekt“-Kategorie: Die Körper der Verstorbenen
Die Körper Verstorbener, welche, wie Thomas Klie es formuliert, „die Hinterbliebenen nötigen, sich zu ihnen zu verhalten, mit ihnen umzugehen“[7], stellen das physische Zentrum jeder Bestattung dar. Sie sind zwar nicht mehr selbst Träger menschlicher Würde und daher auch nicht selbst Zweck der Bestattung, aber doch so sehr Substanz der verstorbenen Personen,[8] dass deren bleibende Würde,[9] verbunden mit einer nicht nur kulturell, sondern in Deutschland auch gesetzlich festgeschriebenen Ehrfurcht vor dem Tod bzw. den Toten eine Entsorgung wie gewöhnlichen Müll verbietet.[10] Stattdessen sind diese Körper in würdiger Weise an signifikante Orte der Toten zu überführen. Mit dieser Überführung ist ein Moduswechsel von Lebenden und Erlebten zu Erinnerten abgebildet.
Je nach dem, welcher Wert der körperlichen Substanz zugeschrieben wird, imprägniert sie im Bestattungskontext den Ort des Grabes mit unterschiedlicher Bedeutung als individuelle Gedenkstätte. Wertvorstellungen dieser Art kommen durch den Umgang mit dem Leichnam zum Ausdruck. Die behutsame Grablegung der unversehrten Leiche konnotiert eine Auffassung vom Körper als personalem Repräsentanten und stellt eine Würdigung seiner Substanz dar. Bei der modernen Feuerbestattung dagegen durchläuft das zentrale Objekt binnen Kürze eine Transformation in einen pragmatisch vorteilhaften Zustand, was den Objektcharakter der sterblichen Überreste weit kräftiger herausstreicht.
Die Wahl oberirdischer Grabarten führt in der Regel zu einer stärkeren Konservierung[11], sei es des Leichnams, bei dem es in einer gut durchlüfteten Gruft nicht selten zur Mumifizierung kommt, sei es der Asche im Kolumbarium, welche hier annähernd unbegrenzt unverändert bleibt, so dass eine Art der Verewigung der Verstorbenen abgebildet ist, die in Fällen der Nichtbestattung, wie sie bei Plastination, Diamantpressung, Kryonik oder Vitrifizierung vorliegt,[12] eine besondere Zuspitzung erfährt. Diametral zu konservierenden Bestattungsarten sind heute Verfahrensweisen einer besonders schnellen Auflösung der Substanz Verstorbener möglich.[13] Wird die Kremationsasche nicht in einer Urne beigesetzt, sondern ausgestreut, kann dies als Zeichen für ein Ende von Leben, von Beziehungen und Bindungen, von Person-Sein, aber ebenfalls als Zeichen für eine Entgrenzung der Existenz gedeutet werden. In abgeschwächter Form gilt Gleiches, wenn bei anonymen Beisetzungen Körper oder Asche an unbekanntem Ort verschwinden, und ist bei Bestattungen im Erdreich[14] mit Verwesung bzw. Auflösung im Allgemeinen stärker als bei oberirdischen Bestattungen konnotiert. Zu beachten ist allerdings, dass bei Körper-Erdbestattungen der unversehrte Leichnam im Sarg einen letzten Eindruck bleibender Ganzheit hervorruft, der von Angehörigen als Seinskonstrukt des oder der Verstorbenen konserviert und die faktische Verwesung des Leibes bedeutungslos oder zur — naturwissenschaftlich wohl anerkannten — Nebensache werden kann.
Die Umwandlung der menschlichen Leiche zur hygienisch unbedenklichen, raumsparenden und mittels Urne handlich gefassten Asche lässt sich als Zeichen menschlicher Macht, wenn nicht über den Tod selbst, so doch über die Toten und eventuell von ihnen ausgehende Gefahren interpretierten. Demgegenüber erscheinen Körperbestattungen eher als mit Vorstellungen von Unverfügbarkeit der Toten und Kontingenz verbunden, zumal wenn die unversehrten Leichen ans Element Erde zur langsamen und natürlichen Verwesung übergeben werden. Konservierende Bestattungsarten ohne Erdreich, bei denen die Verstorbenen nahezu greifbar und dem Getier im Boden nicht ausgesetzt sind,[15] kehren wiederum den Gedanken der Verfügbarkeit der Toten und Sicherheit hervor.
Während im deutschen Raum Feuerbestattungen — nach ihrem Verbot durch Karl den Großen (785 n. Chr.) — erst wieder seit Ende des 19. Jahrhunderts praktiziert werden, sie anfänglich als Zeichen der Distinktion codiert waren und erst allmählich quantitativ an Bedeutung gewannen, betrug ihr Anteil den Erhebungen Barbara Happes zufolge im Jahr 2009 in Deutschland 62%.[16] In ländlichen und katholisch geprägten Gebieten überwiegen jedoch bis heute Körperbestattungen, welche daher auf eine stärkere Identifikation mit Tradition schließen lassen. Letzteres gilt für Feuerbestattungen bedingt ebenfalls bei einer konservierenden Umgangsweise mit der Asche, zumal am Beginn der Feuerbestattungsbewegung die Urnen — als Reminiszenz an antike Kultur — gleichermaßen als Grabmal und Aschenbehältnis öffentlich sichtbar zur Geltung kamen; die Beisetzung der Urnen in der Erde gewann demgegenüber erst nach dem Zweiten Weltkrieg, in Komposturnen gar erst seit Beginn des 21. Jahrhundert an Bedeutung.
Zum Vergleich der Umgangsweisen mit den leiblichen Überresten Verstorbener sei hier schließlich noch konzis darauf hingewiesen, dass nur Körperbestattungen ein im 19. Jahrhundert an Popularität gewinnendes Konstrukt vom Tod als Schlaf und dem Friedhof als Ruhestätte der Toten analog abbilden, christlich-traditionelle Auffassungen von der leiblichen Auferstehung der — köperbestatten — Toten aus den Gräbern am Jüngsten Tag in verschiedenen Kulturbereichen eine bis heute bedeutende Wirkung hinterließen, Feuerbestattungen in christlich-traditioneller Deutung stattdessen an Höllenstrafen bzw. eine Läuterung der Verstorbenen im Purgatorium[17] denken lassen und bereits in der Anfangszeit der kirchlichen Auseinandersetzung mit dieser Bestattungsform mit Verweisen auf Konzepte einer Leib-Seele-Dichotomie als vertretbar eingestuft wurden.[18]
Die Grundtypen Körperbestattung und Feuerbestattung können die Eliminierung / Auflösung oder Konservierung als Verfahrenstypen mit direkter Auswirkung auf das zentrale Objekt der Bestattung in unterschiedlichen Dimensionierungen zugeordnet werden, so dass sich entsprechende Code-Kombinationen ergeben.[19]

Die Ort-Kategorie: Orte und Räume der Bestattung
„Orte können“, nach dem Modell der Kulturformate von Stefan Lüddemann, „Objekte beherbergen, Schauplatz von Praktiken sein oder selbst Bedeutung tragen und ausstrahlen.“[20] Indem sie Anlass und Raum zur sich wiederholenden, rituellen Praxis geben, werden sie mit Traditionen verbunden und auf diese Weise zu Stätten der Gestaltung wie des Erlebens von Erinnerung und Gedenken. Entsprechend geschieht im Zuge der Beisetzung des toten Körpers oder der Kremationsasche die Aufladung des Grabes mit der Bedeutung einer individuellen Lebensgeschichte, die durch das Setzen von Zeichen an diesem Ort öffentlich darstellbar ist.[21] Bestattungen fügen also dem physischen Grabraum Codierungen hinzu. Reziprok trägt jedoch auch die an diesen Orten immer schon vorfindliche und als Zeichensystem interpretierbare Charakteristik zur Konstruktion von personaler Identität der oder des hier Erinnerten bei, und zwar je dominanter, je weniger gestaltende Grabpflege privat geleistet wird; soziale Identität erfährt ihr Abbild durch die gegebene Raumordnung und das ersichtliche Zueinander der Verstorbenen.[22]
Raumcharakter als Code personaler Identität der Erinnerten
Die erste hier zu treffende Unterscheidung bezieht sich auf das Gegensatzpaar Natur und Kultur. Natur ist Ausgangsort und –material der Kultur, kann als ein Areal verstanden werden, in das der Mensch noch nicht gestaltend eingegriffen hat, doch ebenfalls als menschliche Wesensart, die das Verhalten prägend beeinflusst. „Natur ist das, was sich Kultur immer wieder verweigert“[23]. Sie hat eine bedrohliche, chaotisch-machtvolle Seite und bildet ebenso ein Sehnsuchtsziel ab, das heute durch Kulturtechniken des Menschen bedroht ist. Die in mannigfaltigen religions-kulturellen Spielarten vorfindliche Vorstellung, im Tod zur Natur zurückzukehren, kann eine Spannung lösen, wenn das Verschlungen-Werden von der Natur nicht mehr als Schrecken, sondern als Ziel gedeutet wird, an dem das Natürliche des Menschen sich befreit und ungeregelt von kulturellen Normen mit seinem Ursprung vereint. Kultur dagegen steht für gesittetes Zusammenleben, „Zähmung und Regulierung“[24], notwendige Kunst zum Überleben. Die Wahl eines als Kulturraum deutlichen Orts für die Bestattung signifiziert die nachtodlich bleibende Eingliederung in eine menschliche Gemeinschaft und schafft für Trauernde eine strukturell überschaubare Stätte größerer Sicherheit. Optionale Bestattungsorte, die besonders deutlich auf ein Konstrukt von Natur verweisen, sind in Deutschland gegenwärtig das offene Meer und bestimmte Waldabschnitte. Eine Urnenbeisetzung auf hoher See konnotiert Versunken- und Tot-Sein der Verstorben, die Trennung von den Lebenden und Aufhebung aller Bindungen. Demgegenüber stehen im Bestattungswald Verweise auf das Leben und den Lebenskreislauf, in welchen die vom Menschen stammende Substanz durch Naturkräfte wieder eingeschleust wird, weit deutlicher im Vordergrund. Zudem ist die Nutzung des Baumes als Grabmal möglich, so dass Beständigkeit und Lebenskraft desselben auch auf die Identitätskonzepte der dort Erinnerten ausstrahlt. Werden Baumwurzelbestattungen auf öffentlichen Friedhöfen angeboten, ist der Aspekt einer gesellschaftlichen Abgrenzung der Toten weitgehend aufgehoben. Weitere Bestattungsorte mit eigenem Raumcharakter sind Wiesen und Gärten. Streuwiesen auf öffentlichen Friedhöfen bilden einen Kompromiss ab. Die Aschenausstreuung deutet ähnlich wie die Seebestattung auf den Tod als Ende und Vergehen des Individuums, doch werden die sterblichen Überreste hier nicht mit gleicher Klarheit an ein Element übergeben, sondern durch die Luft aufs Gras gestreut. Dort kann die Substanz sich mit dem Gras und Erdreich verbinden. Weit stärker verbreitet sind in Deutschland Urnen- oder Sarg-Beisetzungen in den Boden von Wiesen- bzw. Rasenabschnitten unterschiedlicher Größe mit oder ohne Kennzeichnung der Gräber. Indem hier beispielsweise die Ausbreitung von Wildkräutern unterstützt und das Gras nicht gemäht wird, sorgen Friedhofsträger heute mitunter für ein naturnah kultiviertes Raumangebot.[25] Mit dem Wachsen des Grases über Etwas ist ein kultureller Code für das im Lauf der Zeit unweigerlich geschehende Vergessen und Vergeben, insbesondere unliebsamer Tatbestände verbunden. Besonders im Falle von Gemeinschaftsanlagen ohne persönliches Grabmal oder von Beisetzungen außerhalb öffentlicher Friedhöfe dient die Landschaft — somit gestaltete Natur — als Ort des Gedenkens.[26] Der offene Raum erinnert an ein Frei-Werden der Toten, auch von den Lebenden. Privat wie von öffentlicher Hand gestaltete Gärten als Orte für Tote und Trauernde in zunehmender Vielfalt der Ästhetik sind teils in größere Landschaftsfriedhöfe integriert, teils prägen sie durch eine Reihung von Beet an Beet das Bild ganzer Einrichtungen.[27] Im Konstrukt Garten kommen Natur und Kultur zur Synthese, so dass der Gedanke von den Toten als Sich-im-Paradies-Befindende mit dieser Grabraumcharakteristik besonders zu versinnbildlichen ist.
Das Aufstellen von Gedenksteinen ist ein Zeichen für die dauernde Bedeutung der Verstorbenen für Lebende und ihre Bestattung in einem Gebäude bzw. ein dort installiertes, auf sie verweisendes Zeichen der Erinnerung konnotiert das Bewahrt-Sein der Verstorbenen als Teile einer Gemeinschaft.

Raumordnung als Code sozialer Identität der Erinnerten
Der physische Grabraum kann gemäß seiner Strukturierung grob in vierfacher Weise unterschieden werden, wobei von Übergangs- und Mischtypen auszugehen ist. Jede dieser Raumstrukturen lässt sich als Verweis auf Merkmale sozialer Identität der dort Bestatteten interpretieren.
Im offenen Raum — wie bei der Seebestattung oder außerhalb Deutschlands auch Berg- Almwiesen-, Luft- oder Weltraumbestattung — ist im Normalfall keine Kennzeichnung mit Daten Verstorbener und folglich auch nicht die öffentliche Herstellung eines Erinnerungskonstrukts möglich, wodurch die hier Bestatteten als aus einer Sozialgemeinschaft gelöst und von ihr autark erscheinen. Der offene Raum ist zwar öffentlich zugänglich, aber nicht unbedingt auch als Grabraum erkennbar und auffindbar. Eine Gemeinschaftsfläche, wo Verstorbene allein aufgrund ihrer regionalen Zugehörigkeit, ohne weitere Auswahlmöglichkeit des Nebeneinanders beigesetzt werden und die Verortung bestimmter Grabstellen nicht ersichtlich ist, kann als Zeichen sozialer Integration der Verstorbenen in einer überindividuellen Gruppe ohne internen Statusunterschied gedeutet werden. Ein Paradigma bilden hier Urnen- oder Sarggemeinschaftsanlagen. Sind Namenstafeln am Flächenrand vorhanden unterstreicht dies die Bedeutung von Sozialität, da in diesem Raum ein konkretes Gemeinschaftsgefüge der Erinnerten öffentlich entsteht und als solches von Trauernden aufgesucht werden kann. Auf Sozialität als einen hohen Wert deutet gleichfalls die Individualstätte für einzelne Personen oder kleinerer Gemeinschaften mit direkter Erkennbarkeit der Lage der körperlichen Überreste oder zumindest einer ungefähren Zuordnungsmöglichkeit. Eine Kennzeichnung mit persönlichen Daten ist hier üblich und zeigt persönliche Bindungen an,[28] die über den Tod hinaus Geltung haben. Vom Rasengrab mit Kissenstein über das Familien- oder Freundschaftsgrab bis hin zum Partnerbaum ist unter diesen Typ eine größere Zahl von Grabarten fassbar. Mittels persönlicher Gestaltung kann an Individualstätten eine Privatsphäre entstehen, die bisweilen intime Züge annimmt.[29] Eindeutig als Privatraum konnotiert das geschlossene Gebäude wie beispielsweise eine Familiengruft oder ein Indoor-Kolumbarium, wenn es nur für Angehörige betretbar ist.[30] Die hier Bestatteten und ihre trauernden Besucher erscheinen sozial separiert und vom Gros der Gesellschaft unabhängig. Ob eine namentliche Kennzeichnung einzelner Urnen oder Särge vorgenommen wird oder nicht, ist öffentlich kaum zu erkennen und für Angehörige aufgrund der sichtbaren individuellen Form redundant.
Auffällig ist das Potential von Kirchenkolumbarien zur Hybridität in dieser Kategorie, da sie bis zu drei der genannten Strukturtypen mit ihren jeweiligen Kennzeichen sozialer Identität vereinen können.[31] Kirchenkolumbarien bieten teils einen größeren Raum an, der von seiner Anlage her einer Gemeinschaftsfläche ähnelt, jedoch mit individuell gekennzeichneten Urnenfächern ausgestattet ist. Soziale Integration und persönliche Bindung sind durch diese Ordnung verschachtelt abgebildet. Bei eingeschränkter öffentlicher Zugänglichkeit der Urnenstelen- oder Wände können diese Aspekte zumindest zeitweise von Zeichen sozialer Separation überdeckt werden.

Antje Martina Mickan
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Fußnoten
[1] Vgl. zu bestattungsrelevanten ökonomischen Veränderungen sowie zu weiteren Ursachen und Motivationen anonymer Bestattung Ronald Uden, Wohin mit den Toten? Totenwürde zwischen Entsorgung und Ewigkeit, Gütersloh 2006, 16-44; ferner Traute Helmers, Anonym unter grünem Rasen. Eine kulturwissenschaftliche Studie zu neuen Formen von Begräbnis- und Erinnerungspraxis auf Friedhöfen, Oldenburg 2004, 144-161; Happe, Tod, a.a.O., 108-112; Mädler, Urne, a.a.O., 71.
[2] Clifford Geertz, Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Übers. Brigitte Luchesi u. Rolf Bindemann, Frankfurt a.M. 1987, 9.
[3] Zu den Anpassungen protestantischer Agenden an veränderte Bedingung des Kasus Bestattung, jedoch ohne eine Deutung der neuen Formen vorzunehmen, vgl. Karl-Heinz Bieritz, Bestattungsrituale im Wandel. Tendenzen zu neueren Bestattungsagenden, in: Klie, Performanzen, a.a.O., 121-157 (bes. 156).
[4] Vgl. Lüddemann, Kultur. Eine Einführung, Wiesbaden 2010, 15-19, 63-75.
[5] Lüddemann, Kultur, a.a.O., 68-69.
[6] Es handelt sich um einen idealtypisch angelegten Entwurf. Vgl. zur hier zu Grunde gelegten Theorie Susann Kluge, Empirisch begründete Typenbildung. Zur Konstruktion von Typen und Typologien in der qualitativen Sozialforschung, Opladen 1999, 23-90.
[7] Thomas Klie, Der tote Körper als Zeichen. Praktisch-theologische Erkundungen in spätmoderner Bestattungspraxis, in: BThZ, 29. Jg., Heft 2, Leipzig 2012, 246.-261 (246).
[8] Vgl. Andrea Marlen Esser, Person oder Sache? Zum moralischen Status des menschlichen Leichnams, in: Christoph Elsas (Hg.), Sterben, Tod und Trauer in Religionen und Kulturen der Welt: Gemeinsamkeiten und Besonderheiten in Theorie und Praxis, Bd. 2, Die Würde des Menschen am Lebensende in Theorie und Praxis, Berlin 2011, 372-389 (383-385).
[9] Zu bleibenden Personenrechten von Verstorbenen vgl. Dietmar Kurze u. Désirée Goertz, Bestattungsrecht in der Praxis, Bonn 2012, 15; zum „bleibenden Wert des sterbenden und toten Individuums“ Sabine Bobert, Die neuen Entwicklungen der Bestattungskultur aus theologischer Sicht, in: Klaus Grünwaldt u. Udo Hahn (Hg.): Vom christlichen Umgang mit dem Tod: Beiträge zur Trauerbegleitung und Bestattungskultur (VELKD), Hannover 2004, 55-86 (64-68); aus kath. Sicht zur „personale[n] Würde des Menschen über den Tod hinaus“ Deutsche Bischofskonferenz, Christliche Bestattungskultur — Orientierungen und Informationen, Pressemeldung 04.03.2004 — Nr. PRD 018 — Anlage 3, https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/christliche-bestattungskultur-orientierungen-und-informationen (Zugriff am 01.03.2021).
[10] Vgl. Niedersächsisches Bestattungsgesetz (BestattG), Konsolidierte Fassung 16.12.05, Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (BestattG) vom 08. 12. 2005 (Nds. GVBl. S. 381),§1 u. Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz - BestG NRW) vom 17. Juni 2003, § 7 (1), hier werde aus Sicht der EKD ein „kirchenkompatibler Begriff als Grundwert“ festgelegt, Kirchenamt der EKD (Hg.): Herausforderungen evangelischer Bestattungskultur. Ein Diskussionspapier, Hannover 2004, 6, http://www.ekd.de/download/ekd_bestattungskultur.pdf (Zugriff am 01.03.2021).
[11] Konservierung bezieht sich hier nicht allein auf die Gestalt, sondern ebenfalls auf den Erhalt der Asche, wobei freilich die Verbrennung selbst als ein Akt der vollständigen Zerstörung des Körpers angesehen werden kann, der selbst eine kriminalistische Exhumierung sinnlos macht. Vgl. Mädler, Urne, a.a.O., 60-61.
[12] In Bezug auf die Diamantpressung sei angemerkt, dass hier nur wenige Gramm verwendet werden und die übrige Asche beigesetzt wird. Vgl. u. a. Groß/Ziefle, Unsterblichkeit, a.a.O., 565-576; zu Diamantpressung und Vitrifizierung ferner Happe, Tod, a.a.O., 156-159.
[13] Die ökologisch motivierten Verfahren der Promession (Gefriertrocknung, Zertrümmerung durch Schallwellen und anschließende Kompostierbarkeit) und Resomation (Verflüssigung durch Hydrolyse und Entsorgung durch den Abfluss) sind in Deutschland noch nicht möglich. Vgl. u.a. Groß/Ziefle, Unsterblichkeit, a.a.O., 560-561.
[14]Hiermit sind nicht allein Körperbestattungen sondern auch entsprechende Urnenbeisetzungen gemeint.
[15] Der Ekel vor dem Aufgefressen-Werden und vor der Verwesung ist heute eine zunehmend genanntes Movens für die Wahl einer Feuerbestattung. Vgl. Kerstin Gernig, Was aus Asche alles werden kann — Vom Ascheamulett bis zur Beisetzung im Lavastrom, in: Dominik Groß; Brigitte Tag u. Christoph Schweikardt (Hg.), Who wants to live forever? Postmoderne Formen des Weiterwirkens nach dem Tod, Frankfurt, New York 2011, 113-124 (116-117).
[16] Vgl. Happe, Tod, a.a.O., 92-95
[17] Vgl. Dante Alighieri, Die göttliche Komödie, Läuterungsberg, XXV.-XXVII. Gesang.
[18] Vgl. Happe, Tod, a.a.O., 81.
[19] Analog die übrigen Grafiken (Abb. 2-3).
[20] Lüddemann, Kultur, a.a.O., 68.
[21] Vgl. zu Folgen einer verstärkten Individualisierung u.a. Benkel, Schweigen, a.a.O., 54-68.
[22] Zur theoretischen Basis vgl. Peter Weichhart, Raumbezogene Identität. Bausteine zu einer Theorie räumlich-sozialer Kognition und Identifikation, Stuttgart 1990, bes. 30-74, hier in modifizierter Anwendung. Vgl. ferner Norbert Fischer, Miniaturlandschaften der Erinnerung. Über neue Sepulkralästhetik und den Friedhof des 21. Jahrhunderts, in: BThZ, 29. Jg, Heft 2, Leipzig 2012, 196-207, bes. zum Friedhof als „symbolgeladener kultureller Raum“ (a.a.O., 197) in sich verändernder Strukturierung.
[23] Lüddemann, Kultur, a.a.O., 42.
[24] Lüddemann, Kultur, a.a.O., 42.
[25] Vgl. Martin Venne, Bestattungsgärten und –landschaften. Neue Bestattungskonzepte auf bestehenden Friedhöfen, in: Stadt + Grün: das Gartenamt; Organ der Ständigen Konferenz der Gartenbauamtsleiter beim Deutschen Städtetag, Bd. 61, Heft 12, Berlin 2012, 15-18.
[26] Vgl. Fischer, Miniaturlandschaften, a.a.O., 198-203.
[27] Zum Garten und der Gartenarbeit als Trauerarbeit vgl. Helmers, Orte, a.a.O., 18.
[28] Angesprochen sind sowohl ehemalige Bindungen von Toten untereinander als auch von Lebenden zu Toten.
[29] Anschaulich wird dies besonders bei Thorsten Benkel u. Matthias Meitzler, Bilderkategorien, in: Dies. Sinnbilder, a.a.O., 104-213.
[30] Nur mit Chipkarte zu betreten ist bspw. das Kolumbarium „Urnentempel“ in Nürnberg. Vgl. http://www.nuernberg.de/internet/friedhofsverwaltung/kolumbarium.html (Zugriff am 02.03.2021).
[31] Vgl. zu Kirchenkolumbarien u.a. Happe, Tod, 120-133.